Für Steuernachzahlungen bzw. -erstattungen im Zusammenhang mit der Festsetzung von Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer kommt die sog. Vollverzinsung in Betracht (§ 1233a AO). Die Verzinsung beginnt regelmäßig nach einer 15-monatigen Karenzzeit nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Der gesetzlich festgesetzte Zinssatz betrug bisher 0,5% für jeden vollen Monat, d. h. 6% jährlich (§ 238 Abs. 1 AO). Nachdem das Bundes­verfassungsgericht[9] im Hinblick auf die anhaltende Niedrigzins­phase entschieden hatte, dass dieser Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen verfassungswidrig ist, hat der Gesetzgeber den Zinssatz rückwirkend ab dem 01.01.2019 auf 0,15% pro Monat (= 1,8% pro Jahr) gesenkt.

Außerdem soll künftig die Angemessenheit dieses Zinssatzes mindestens alle 2 Jahre – erstmals spätestens zum 01.01.2024 – überprüft werden (§ 238 Abs. 1a und 1c AO).[10]

Der niedrigere Zinssatz gilt für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019, soweit für Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuernachzahlungen bzw. -erstattungen Zinsen festgesetzt werden bzw. worden sind. Für davor liegende Verzinsungszeit­räume bleibt es beim bisherigen Zinssatz. Bei Stundungszinsen, Aus­setzungszinsen, Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge und Hinter­ziehungszinsen gilt der bisherige Zinssatz von 0,5% pro Monat (= 6% pro Jahr) weiter, weil das Bundesverfassungsgericht nur den Zinssatz bei der Vollverzinsung beanstandet hatte.

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[9] Beschluss vom 08.07.2021 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17.
[10] Vgl. Zweites Gesetz zur Änderung der AO und des Einführungs­gesetzes zur AO (Bundesrats-Drucksachen 157/22 und 286/22).

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